Corona-Quarantäne: Was muss rechtlich beachtet werden?
Die Deutsche Anwaltauskunft informiert darüber, was die Quarantäne als Vorsichtsmaßnahme gegen die weitere Ausbreitung des Coronavirus für die Betroffenen rechtlich bedeutet.
Das Coronavirus breitet sich aus – und die Welt trifft Vorkehrungen, um Menschen vor der Krankheit zu schützen. Menschen, die krank sind oder bei denen der Verdacht besteht, dass sie infiziert sind, werden in der Regel isoliert. So soll verhindert werden, dass sich das Virus ausbreitet.
Wer setzt die Quarantäne durch? Muss ich sie befolgen?
Ob Sie im Krankenhaus isoliert werden oder zu Hause bleiben müssen: Das Gesundheitsamt entscheidet, wer unter Quarantäne gestellt wird. „Die Betroffenen müssen sich dann fügen und dürfen die Quarantäne nicht verlassen“, warnt Rechtsanwalt Dr. Rudolf Ratzel von der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Ansonsten könnte die Anordnung des Gesundheitsamtes gerichtlich durchgesetzt werden. Die Betroffenen können dann von der Polizei abgeholt werden. Besteht die Gefahr, dass eine Person die Quarantänestation auf eigene Faust verlässt, kann das Krankenhaus sie dort einschließen. Dafür ist allerdings ebenfalls eine gerichtliche Anordnung erforderlich.
Ich bin in Quarantäne: Bekomme ich trotzdem mein Gehalt?
Das kommt darauf an: „Wenn man tatsächlich krank ist und sich krankschreiben lässt, gelten die normalen Regeln der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall“, erklärt Rechtsanwältin Doris-Maria Schuster von der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des DAV. Man erhält dann sechs Wochen lang sein Gehalt vom Arbeitgeber und danach Krankengeld. Wird man dagegen nur vorsorglich unter Quarantäne gestellt, greift das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten. Der Nettolohn wird dann weiterhin vom Arbeitgeber gezahlt. Allerdings kann der Arbeitgeber den Betrag später von der Behörde, die die Quarantäne angeordnet hat, zurückfordern.
Muss ich in Quarantäne arbeiten, wenn mein Unternehmen mobiles Arbeiten erlaubt?
„Wenn man arbeiten kann und die Arbeitsmittel dabei hat, dann ja“, sagt Rechtsanwalt Schuster. Wer also gerade von einer Geschäftsreise zurückgekehrt ist, Laptop und Unterlagen dabei hat und (noch) nicht krank ist, muss auch auf der Isolierstation arbeiten. Das ist Teil der Loyalitätspflicht gegenüber dem Arbeitgeber. Wer krank ist oder z. B. an Maschinen arbeiten muss, kann nicht in der Quarantäne arbeiten.
Wer kommt für den Verdienstausfall von Selbstständigen auf?
Wenn Selbstständige oder Freiberufler unter Quarantäne gestellt werden, erhalten sie Verdienstausfall nach dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten. Die Entschädigung wird auf der Grundlage des letzten dem Finanzamt gemeldeten Jahreseinkommens berechnet.
Ich habe mich im Risikogebiet aufgehalten oder hatte Kontakt zu einer infizierten Person: Kann ich einfach von der Arbeit fernbleiben?
„Auch wenn Sie den Verdacht haben, dass Sie sich angesteckt haben, sollten Sie auf keinen Fall allein zu Hause bleiben“, warnt der Hamburger Rechtsanwalt. Das ist eine Arbeitsverweigerung, die im schlimmsten Fall zu einer Kündigung führen kann. Wichtig ist es aber, den Arbeitgeber über eine mögliche Infektion zu informieren. „Er kann dann entscheiden, ob er den Arbeitnehmer freistellt“, so Doris-Maria Schuster weiter.
Ich muss in Quarantäne gehen: Was passiert, wenn ich in dieser Zeit eine Reise machen wollte? Kann ich kostenlos von der Reise zurücktreten?
Wie bei den meisten reiserechtlichen Fragen kommt es darauf an, ob die Reisenden eine Pauschalreise gebucht haben oder auf eigene Faust unterwegs sind. Pauschalreisende haben in der Regel bessere Chancen, ihre Reisepläne – kostenlos – zu ändern oder ihr Geld zurückzubekommen.
Menschen, die aus medizinischen Gründen isoliert sind und eine Reise für diese Zeit gebucht haben, wären jedoch so oder so in einer schlechten Lage: „Menschen, die in Deutschland unter Quarantäne stehen, können deshalb nicht kostenlos von einer Pauschalreise zurücktreten“, erklärt Rechtsanwältin Dr. Stefanie Bergmann vom DAV. Schließlich ist es nicht die Schuld des Reiseveranstalters, dass der Reisende den Urlaub nicht antreten kann. „In den meisten Fällen würde aber eine Reiserücktrittsversicherung einspringen“, sagt Rechtsanwalt Jan Bartholl vom DAV. Eine Krankheit oder eine Quarantäne auf behördliche Anordnung ist ein schwerwiegender und unvorhersehbarer Grund, eine Reise nicht anzutreten.
Was passiert, wenn ich im Ausland unter Quarantäne gestellt werde, wie es den Passagieren eines Kreuzfahrtschiffes in Japan passiert ist?
Die Reisenden sind für ihre Beförderung selbst verantwortlich: Wenn sie ihren geplanten Rückflug verpassen, weil sie das Schiff nicht verlassen dürfen, müssen sie ihren Flug selbst umbuchen. Oder sogar einen neuen Flug aus der eigenen Tasche bezahlen. „Bei Pauschalreisen hat der Veranstalter eine Sorgfaltspflicht“, erklärt Rechtsanwalt Bartholl. Er ist die erste Anlaufstelle für Passagiere in Quarantäne und hilft, einen Rückflug für die Zeit nach der Quarantäne zu finden.
„Die zusätzlichen Kosten für den Flug wird der Reisende aber wohl selbst tragen müssen, wenn der Flug nach dem Ende der regulären Pauschalreise stattfindet“, schätzt Rechtsanwalt Bergmann. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn ein Reisender fünf Tage vor Ende seines Urlaubs für zwei Wochen in Quarantäne gehen muss. Die Quarantäne oder der Virus ist ein unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstand, für den der Reiseveranstalter keinen Schadenersatz leisten muss.
Kann ich eine Reise nach China jetzt kostenlos stornieren und mein Geld zurückerhalten?
Reisende können eine Reise in die Provinz Hubei, in der das Coronavirus ausgebrochen ist, in der Regel kostenlos stornieren. Das Auswärtige Amt hat für dieses Gebiet eine Teilreisewarnung ausgesprochen. Jan Bartholl hat die Erfahrung gemacht, dass die Reiseveranstalter in der Regel kulant sind, wenn es um Reisen nach China geht: „Sie erlauben den Reisenden, Reisen in andere Gebiete Chinas kostenlos zu stornieren oder umzubuchen. Bei Reisen in andere Länder ist dies jedoch nicht möglich – auch dann nicht, wenn die Fluggesellschaft den Flug storniert. „Bucht man beispielsweise einen Flug nach Malaysia und die Hin- und Rückreise vor Ort separat, kann man die Reise nicht kostenlos stornieren, wenn die Fluggesellschaft den Flug storniert“, warnt Rechtsanwalt Bergmann aus Hamburg.
11.02.2020