Arbeitsrecht: Mindesturlaub ist unantastbar – auch im Prozessvergleich
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Das Bundesarbeitsgericht stellt klar: Auf gesetzlichen Mindesturlaub kann während des Arbeitsverhältnisses nicht verzichtet werden – selbst nicht vor Gericht.
Der Fall
Ein Betriebsleiter war seit Januar 2023 dauerhaft krankgeschrieben und konnte seinen Jahresurlaub nicht nehmen. Im März 2023 einigte er sich mit seinem Arbeitgeber vor Gericht: Kündigung zum 30. April gegen 10.000 Euro Abfindung. Der entscheidende Haken: Im Vergleich stand „Urlaubsansprüche sind in natura gewährt“ – eine Formulierung, die eine finanzielle Abgeltung ausschloss.
Nach der Kündigung forderte der Arbeitnehmer dennoch die Auszahlung seiner sieben Urlaubstage – immerhin rund 1.615 Euro.
Das Urteil: Arbeitnehmer gewinnt
Das BAG gab ihm recht. Die Begründung ist eindeutig:
Gesetzlicher Mindesturlaub ist unantastbar. Weder durch Verzicht noch durch gerichtlichen Vergleich kann darauf während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses verzichtet werden – auch nicht, wenn bereits feststeht, dass der Urlaub krankheitsbedingt nicht mehr genommen werden kann.
Die Vereinbarung verstößt gegen § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG, der verbietet, vom Urlaubsrecht zum Nachteil des Arbeitnehmers abzuweichen. Zudem schützt EU-Recht den bezahlten Mindestjahresurlaub: Er darf nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Geld ersetzt werden.
Der Arbeitgeber argumentierte vergeblich, der Arbeitnehmer hätte sich schließlich auf den Vergleich eingelassen. Der BAG hielt dagegen: auf eine offensichtlich rechtswidrige Regelung darf niemand vertrauen – auch nicht, wenn sie gemeinsam vor Gericht beschlossen wurde.
Die Konsequenz: Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses muss nicht genommener gesetzlicher Mindesturlaub immer ausgezahlt werden. Darauf zu verzichten ist schlicht unwirksam.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 3. Juni 2025, Az. 9 AZR 104/24;